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Christa R. (1968)

Christa R., Bad Friedrichshall, Corsetière, 32 Jahre alt (zu der Zeit, als der Brief geschrieben wurde, also 1968. Aus David Kunzle: ''Fashion and Fetishism''

Meine Begeisterung nahm ihren Anfang, als ich vor achtzehn Jahren begann, in einem Korsett- und Kleidergeschäft zu arbeiten, wo man modische Korsetts im Schaufenster ausstellte. Ich versteckte mich immer und probierte sie an, dann begann ich, sie nachzumachen, und benutzte dafür die feinsten Stoffe. Immer wenn ich einen schönen Stoff sehe, stelle ich ihn mir als Korsett vor, nicht als Kleid. Vor ungefähr sieben Jahren traf ich Mr. G--, der mich mit sanfter Gewalt dazu brachte, meine Taille auf 50 cm zu schnüren. Dann war das schlimmste überstanden. Ich selbst verschmälerte meine Taille noch um weitere 5 cm. Ich konnte zwar nicht dazu stehen, aber ich liebte diese Korsetts leidenschaftlich. Mit einem Korsett fühlte ich zum ersten Mal, was es bedeutet, eine Frau zu sein. Dieses eigenartige, kribbelnde, aufregende Gefühl während des Schnürens. Ein unbeschreibliches Gefühl, man ist einer Ohnmacht nahe; bis zu 48 cm ist es OK, aber alles, was enger ist, kann verdammt unbequem werden. Dann kommen Wünsche auf, Wünsche, die der Verstand einfach nicht unterdrücken kann. Der Wunsch nach Zärtlichkeit. Aber dafür braucht man den richtigen Partner, sonst ist es zwecklos.

Frauen reagieren meist feindselig. Meine Familie hält mich schlicht für verrückt. Die Herren der Schöpfung sind zwar ganz wild auf Maße wie 94 - 45 - 86 bei einer Größe von 1,68 m, aber es ist nicht leicht, so auf der Straße herumzulaufen. Fragen Sie mich nicht nach all den unschönen Kommentaren und Annäherungsversuchen, mit denen ich konfrontiert wurde. Es ist einfach schrecklich, wie eine Prostituierte behandelt zu werden. Und die Tatsache, daß ich für gewöhnlich hohe Pfennigabsätze trage, macht meine Erscheinung um so provokativer. Ich habe mir angewöhnt, demgegenüber eiskalt zu sein, aber manchmal fällt es mir schwer, mich zurückzuhalten und irgendeine unverschämte Bemerkung nicht mit einer Ohrfeige zu erwidern. In der Öffentlichkeit verstecke ich meine Wespentaille häufig.

Viele Menschen sind der Meinung, daß ich eine unmögliche und revolutionäre Person bin, hauptsächlich deshalb, weil ich anders bin als andere und mich nicht in eine Schublade pressen lasse.


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