Vorwort The Corset and the Crinoline Kapitel 8
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Kapitel 7

[GA1] Nach 1600 ist der Ausdruck "stay" in England im allgemeinen Sprachgebrauch - Kleider am Hofe Louis des XVI. - Mode im Jahre 1776 -bedrohliche Korsetts und gefährlich enges Schnüren - die Korsetts von Hogarth - Mode während der französischen Revolution - kurze Taillen und lange Schleppen - Buchans Schriften - Jumpers und "Garibaldis" - Rückkehr zur alten Praxis des "tight-lacing" - Figurtraining: Rückenbretter und Stöcke - medizinisch belegte Vorteile des Korsetts - Mode in der Regierungszeit George des III. - Gentlemen tragen Korsetts - auf dem Kontinent tragen Knaben Korsetts

Für eine ziemlich lange Zeit finden wir in den englischen Büchern ausschließlich den Begriff "stay", die Autoren sprechen nicht so häufig vom Korsett, aber es war weiterhin im Gebrauch und es war noch so stark und unnachgiebig konstruiert wie schon zu allen Zeiten, sowohl zu Hause als auch im Ausland. Die folgende Illustration vermittelt einen Eindruck von der Mode am Hofe Louis des XVI.. Zu diesen Kleidern gehörte unbedingt ein Korsett, und die Oberteile der kunstvoll gefertigten Kleider mußten genau und ohne Falten und ohne zu zerknittern an dessen Form angepaßt sein. In vielen Fällen wurde an der zukünftigen Trägerin des Kleides selbst Maß genommen, nachdem man sie zugeschnürt hatte. Die aufgetürmte Haarpracht und die sehr weiten, abstehenden Röcke ließen die Figur noch schmaler erscheinen, wie wir auch feststellten, als wir uns ähnliche Modelle aus früheren Zeiten anschauten. [GA2] Man verarbeitete teuerste Spitze für die Ärmel und das Kleid selbst wurde oft üppig mit Brokat versehen und mit geflochtenen Kränzen und Blumen geschmückt. Zur Vervollständigung trug man im Jahre 1776 erstaunlicherweise keine hohen Absätze. Vorher war es viele Jahre lang, eigentlich vom Beginn des 18. Jahrhunderts an, bei den Korsettschneidern üblich gewesen, eine Art Leder zu verwenden, das mit etwa einem Viertel Zoll Dicke (0,6cm) dem für die Schuhsohlen nicht unähnlich war, denn in Ermangelung eines anderen Materials, das stark und starr genug war, um dem Druck und der Spannung standzuhalten, blieb ihnen keine Wahl. Diese Korsetts hatten eine lange Taille, gaben der Figur eine enge, konische Form, deren schmalste Stelle natürlich die Taille bildete, und hielten den Oberkörper ziemlich aufrecht. Viele von Hogarth's Figuren, die Korsetts aus dieser Zeit (1730) tragen, sind aufrecht und haben bemerkenswert schmale Taillen. Solche Korsetts, die er entworfen hat, sind völlig gerade geschnitten, Versteifungen und Stäbe sind eingenäht.

1760 war man in Kleiderfragen sehr dem sogenannten klassischen Stil zugewandt. Während der französischen Revolution und der Herrschaft Napolèons I. wollten die Damen unbedingt die Kostüme der alten Griechen kopieren, und wie man 1797 feststellen konnte, waren sie in ihren Bestrebungen so erfolgreich wie junge Damen, die sich auf Kostümbällen als Meerjungfrauen oder Märchenfeen verkleiden. Die nebenstehende Illustration zeigt den klassischen Stil dieser Zeit. Mehrere Jahre lang trugen englische Damen diese Art von Kleidern, und auch solche mit lose sitzenden Oberteilen - man kann sie kaum "bodies" nennen - , langen Schleppen und so kurzen Taillen, daß sie direkt unter den Achselhöhlen begannen und sofort endeten. Die folgende Illustration zeigt eine Dame im Jahre 1806. Buchan, der während dieser Zeit der kurzen Taillen und der langen Schleppen als Schriftsteller tätig war, gratuliert sich selbst und der gesamten Gesellschaft dazu, daß die "alte, enge Weste aus Fischbein", wie er das Korsett bezeichnet, immer mehr außer Gebrauch kam. Nicht lange danach wurden die Modegesetze völlig aus dem Gleichgewicht gebracht, wie das schon [GA3] seit Urzeiten in regelmäßigen Abständen geschieht, und die folgenden Zeilen, die ein Schriftsteller etwas später schrieb, könnte man auf die wandelbaren Geschmäcker dieser Übergangszeit anwenden:

"Now a shape in neat stays, now a slattern in jumps,"

(Eben noch schön geformt im Mieder, jetzt eine Schlampe im Pullover)

Mit "Pullover" sind lose, kurze Jacketts gemeint, die denen der heutigen Schiffsbauer und anderer Handwerker ähnelten. Die Form der modernen "Garibaldi" scheint von ihnen entliehen zu sein. Diese Ära der Entspannung war aber von vergleichsweise kurzer Dauer, wie wir an einer Bemerkung von Buchans Sohn erkennen, der eine neue Auflage des Werkes "Advice to mothers" (Ratschläge für Mütter) herausgab und im Anhang hinzufügte: ---"Die Chance auf einen zeitlosen Platz in der Modewelt ist klein (sagt er). Hätte der Autor bis heute (1810) gelebt, dann wäre er Zeuge des Wiederauflebens des Eng-Schnürens geworden, das man wieder eifrig und in einem Ausmaß praktiziert, von dem er sich hätte niemals träumen lassen und das die Nachwelt schlichtweg nicht glauben wird. Die heutigen Korsetts sind nicht aus Fischbein oder aus gehärtetem Leder, sondern tatsächlich aus drei bis vier Zoll (7,6 bis 10,2cm) breiten Eisen- und Stahlstäben, von denen viele nicht weniger als 18 Zoll (46cm) lang sind." Derselbe Autor informiert uns darüber, daß es keineswegs ungewöhnlich sei, "eine Mutter zu sehen, die ihre Tochter auf den Boden vor sich legte, ihren Fuß auf deren Rücken stemmte und ein halbes Dutzend Schnüre zerriß, um das Korsett eng zu schnüren". Die, welche den Gebrauch des Korsetts befürworten und es als unverzichtbares Zubehör zur Damentoilette betrachten, haben recht mit der Behauptung, daß nach dem Abebben der Begeisterung für weite, nachlässige Kleidung der Ruf nach rigorosem, konsequenten Einschnüren um so lauter würde, viel lauter als wenn man sich die ganze Zeit über normal weiter mit Hilfe von Korsetts geschnürt hätte. Nach etwa 30 Jahren wurde der althergebrachte Standard der Eleganz, "die Umfaßbarkeit", wieder für die Taillenmaße eingeführt. Strutt, dessen Buch 1796 veröffentlicht wurde, schreibt, [GA4] daß man zu seiner Zeit von jungen Damen berichtete, die sich "umfassen" ließen, um ihre exzellente Figur zu beweisen, und er erwähnt auch eine junge Sängerin an der italienischen Oper, deren Taille so extrem eng geschnürt war, daß es ihn schmerzte, sie anzuschauen.

Pope spricht in der Challenge davon, daß sich eine schöne Frau am Hofe George II. sehr zu ihrem Vorteil verändert habe, dabei zeigt er klar auf, wie großen Wert man auf eine schlanke Figur legte. As a bit of acceptable news, er sagt:

"Tell Pickenbourg how slim she's grown"

(Sagt Pickenbourg, wie schlank sie geworden ist)

Es gibt genügend Berichte, die beweisen, daß bis dahin zu wenig Anstrengungen unternommen wurden, um die Taillenweiten der Frauen zu verringern, und daß man seine Figur vernachlässigte, indem man sie nicht dem Modestandard, welcher Perfektion verlangte, anpaßte. Diejenigen, welche diese Kunst verstanden, waren etwas zurückhaltend damit, die Vorzüge anzupreisen. In einem Gedicht mit dem Titel Bassit Table, das Lady M. W. Montagu gewidmet wurde, beklagt sich Similinda über die Undankbarkeit einer rivalisierenden Schönen, in dem sie ausruft:

"She owes to me the very charms she wears -

An awkward thing when first she came to town,

her shape unfashioned and her face unknown;

I introduced her to the park and plays,

and by my interest Cozens made her stays."

(Den Charme, den sie zur Schau trägt, verdankt sie mir---

Ein scheußliches Ding, als sie in diese Stadt kam,

Ihre Figur unmodern und ihr Gesicht unbekannt;

Ich führte sie ein in die Gesellschaft, nahm sie mit ins Theater,

und durch meine Fürsprache machte Cozen ihr ein Korsett.)

In der damaligen Zeit war das sicherlich ein Gefallen, der Dankbarkeit und Entgelt verdient hatte.

Damals hatten einige angesehene Korsettschneider die Angewohnheit, kleine, feste, gebogene Stahlstäbe an das obere Ende ihrer Korsetts zu nähen, die sich auf beiden Seiten bis zum Rücken erstreckten und so die Schultern zurückzogen, was Träger überflüssig machte. Der leiseste Ansatz eines gekrümmten Rückens wurde durch den Gebrauch des Rückenbrettes sofort korrigiert, das in Taillen- bis Schulterhöhe flach am Rücken plaziert wurde und sich bis hoch zum Genick erstreckte, wo es mit Hilfe eines lederbezogenen Stahlringes [GA5] um den Hals immer an seinem Platz blieb. Die junge, modebewußte Dame, die sich den damals in Internaten üblichen Methoden zu Taillenverschmälerung unterzog, war nicht auf Rosen gebettet, besonders dann nicht, wenn sie nicht mit Schlankheit gesegnet war. Ein nachlässiges Mädchen mit einem schlecht proportionierten Körperbau mußte wirklich eine schwere Zeit durchmachen, umschlossen von einem steifen, fest geschnürten Korsett, ein Brett im Rücken und Strümpfen( ***) an den Füßen. Sie mußte sich einfach verschönern oder leiden, wahrscheinlich tat sie beides. Es ist einmalig und bemerkenswert, daß ein Autor unserer Tage (obwohl frühere Autoren bestätigen, daß das Korsett den Rücken stets gerade hält) über dieses Thema die folgende, unqualifizierte Bemerkung macht: "Der Gesundheit einiger mag das Korsett geschadet haben; aber nach meiner Erfahrung erwuchs daraus weniger Schlechtes als aus anderen Dingen." Es ist wohlbekannt, daß Damen des 18ten Jahrhunderts nicht in dem Maße an Rückenleiden erkrankten wie Damen des 19ten Jahrhunderts. Dies mag seinen Ursprung zu einem gewissen Grad in der Erziehung haben; aber einige sehr gebildete Frauen dieser Zeit hatten elegante und geschmeidige Figuren. Man wußte von ihnen, daß sie stets steife, harte Korsetts trugen, deren Machart aber weniger gesundheitsschädlich war als die vieler heutiger Korsetts. Der gerade zitierte Autor sagt weiterhin:

Mr. Walker hat eine wenig attraktive und unkorrekte Darstellung des menschlichen Körpers ausgewählt und macht so die Praxis des Korsetttragens lächerlich. 'Die beiden obersten Rippen', sagt er, 'die genau am Halsansatz liegen, sind sehr kurz. Die folgenden sind um einiges länger, das dritte Rippenpaar ist noch etwas länger und bis zum siebenten, auch das letzte echte Rippenpaar genannt, nimmt die Länge immer weiter zu, danach nimmt sie wieder ab, jedoch verschmälert sich nicht der Brustkorb, weil die losen Rippen nur einen Teil des Körpers umschließen. Daher hat der Brustkorb eine konische Form, man könnte ihn mit einem gewöhnlichen Bienenkorb vergleichen, das schmale Ende am Hals und das breite zu den Beinen hin; kurz, die natürliche Form des Brustkorbs ist das genaue Gegenstück der modernen Taillenform, die letztere ist unten eng und oben weit, die erstere ist oben eng und unten weit.' [GA6] Als ihm diese Idee kam, hatte er sicherlich ein lebendes Skelett ohne Muskeln vor Augen. Nachdem ich seine Betrachtungen gelesen hatte, nahm ich die Maße bei einem wohlgeformten, siebenjährigen Mädchen, welches nie ein Korsett getragen hatte, und fand heraus, daß der Brustumfang genau unter den Schultern eineinhalb Zoll mehr betrug als der des unteren Teils der Taille.

Die Ansichten des eben zitierten Autors scheinen bestätigt durch die Untersuchungen eines französischen Arztes von hohem Ansehen, der diesem Thema viel Beachtung schenkte. Er berichtet erfreulicherweise, daß "man dem Korsett nicht vorwerfen kann, eine Verschiebung der Wirbelsäule zu verursachen".

Nach der Zeit, von der Buchans Sohn berichtet, während der das Eng-Schnüren wiederauflebte, sehen wir kein Zurückgehen dieser Tendenz, und gegen Ende der Herrschaft George III. machen Frauen wie Männer regen Gebrauch von den Machwerken der Korsettschneider. Werbende Schneider dieser Zeit priesen offen ihre "Codrington Korsetts" und "Petersham stiffeners" für den modischen Mann an, wie man heute mit dem "Alexandra Korsett" oder dem "Korsett der Kaiserin selbst" die Aufmerksamkeit der Öffentlichkeit auf sich zieht. Soemmering informiert uns darüber, daß es 1760 in Berlin und ein paar Jahre vorher auch in Holland Mode gewesen sei, Kindern Korsetts anzuziehen, und daß er viele Familien nennen könne, in denen begeisterte Eltern die hübschesten Jungen ausgesucht hätten, um sie in Korsetts zu stecken." Seit dieser Zeit ging diese Praxis in Frankreich, Rußland, Österreich und Deutschland deutlich zurück. Knaben, die zur Armee sollten, wurden behandelt wie junge Damen, man schnürte sie fast ebenso eng. Von den Prinzen de Ligne und Kaunitz ist überliefert, daß sie stets teuerste Seidenkorsetts trugen, der erste trug schwarz und der letztere weiß. Dr. Doran schrieb über die Offiziere des weithin berühmten "Löwen des Nordens", Gustav Adolphus: "Sie waren die am engsten geschnürten Auserwählten der leidenden Menschen." Der ehrbare Arzt wie auch viele andere, die über dieses Thema schrieben, assoziiert das ständige Korsetttragen untrennbar zusammen mit extremem Leiden; aber die Gentlemen, die, wie die Damen, dem Korsett [GA7] unterworfen wurden, bestreiten nicht nur entschieden, daß es ihnen irgendeinen Schaden zugefügt hätte, lediglich leichtes Unbehagen beim Anprobieren neuer Kleidung, sondern, im Gegenteil, behaupten steif und fest, daß die Gefühle, die sie mit dem ständigen Eng-Geschnürtsein assoziieren, so angenehm seien, daß diejenigen, welche einmal damit begonnen hätten, kaum je wieder damit aufhören würden. Der folgende Brief eines in Wien erzogenen Gentlemans an das Englishwoman's Magazine zeigt dies:

Madam,--- erlauben Sie mir, einmal an Ihrer 'Conversazione' teilzunehmen, als Entschuldigung für mein Eindringen möge ich anbringen, daß ich die Behauptung ihrer werten Leserbriefschreiberin (Belle) wirklich unterstütze, wenn sie sagt, daß diejenigen, die praktisch nichts über das Korsett wissen, es am härtesten verurteilen? Willensstarke Frauen, die niemals ein Korsett getragen haben und Männer, die von vorschnell gefaßten Vorurteilen geblendet sind, verdammen ein Kleidungsstück guter Qualität, das sie überhaupt nicht kennen und demzufolge auch nicht beurteilen können. Bei einem so wichtigen Punkt wie dem Tragekomfort (ganz zu schweigen von der Frage der Eleganz, die bei Damenkleidung kaum weniger wichtig ist) kann kein theoretisch erdachtes Argument so schwer wiegen wie die praktische Erfahrung.

Das Sprichwort 'Probieren geht über studieren' enthält zu viel Wahrheit, als daß man es in diesem Fall nicht erwähnen sollte. Um konkret zu werden, kann irgendeiner der Korsettgegner ehrlich behaupten, daß er das Korsetttragen ernsthaft erprobt hat und es dann aus eigenem Willen aufgab, nicht etwa wegen befreundeten Korsettgegnern oder ärztlichen Beratern, die in dem viel mißbrauchten Korsett einen guten Grund für ein Gebrechen sahen, das ihnen sonst rätselhaft war? The Young Lady Herself (eine Briefschreiberin) beklagt sich weder über Krankheit noch über Schmerzen, nicht einmal nach den ersten Monaten; während Staylace, Nora und Belle wiederum umfassende Zeugnisse von sich selbst und von Mitschülern geben darüber, wie bequem und schön das Eng-Schnüren doch sei. Um meine erste Aussage über Belles Behauptung weiter auszuführen, diejenigen des schönen [GA8] Geschlechtes, welche entweder aus Notwendigkeit oder aus freier Wahl dieses anziehende Kleidungsstück in ihre Garderobe aufgenommen haben, loben allesamt das Korsett; sogar unter Korsettgegnern wird die schöne Figur einer eleganten Frau bewundert, obwohl der Grund dafür offen attackiert wird. Aus persönlicher Erfahrung möchte ich hier in entschiedener, wenn auch unqualifizierter Weise meiner Anerkennung für das Korsett Ausdruck verleihen. Ich wurde schon früh nach Österreich zur Schule geschickt, dort werden sich eng schnürende Gentlemen nicht, wie in England, lächerlich gemacht. Als die Frau des Doktors von mir verlangte, daß ich mich schnüren sollte, protestierte ich als ausgesprochener Engländer. Mir blieb trotz allem keine Wahl. Ein entschlossenes Mädchen war stoisch taub für meine Proteste und schnürte schnell meinen Körper in ein modisches Wiener Korsett. Ich muß sagen, daß meine Eindrücke nicht viel anders waren als die Ihrer weiblichen Briefschreiberinnen. Ich fühlte mich befangen und unwohl, und das tägliche enger und enger schnüren verursachte mir Unwohlsein und große Schmerzen. In wenigen Monaten jedoch war ich, wie meine zehn oder zwölf Kameraden, eifrig darauf bedacht, daß mein Korsett so eng geschnürt wurde wie zwei starke Arme es nur vermochten. Seitdem habe ich stets ein Korsett getragen, nicht etwa aus Eitelkeit (um nicht ausgelacht zu werden, passe ich immer gut auf, daß meine Kleidung mich nicht verrät) sondern ich bin ebenfalls überzeugt von der Bequemlichkeit und den angenehmen Gefühlen beim Eng-Schnüren, und stimme Staylace aus tiefstem Herzen zu, wenn sie sagt, daß das Gefühl, in einem eleganten, robust gefertigten und eng sitzenden Korsett geschnürt zu sein, einfach wunderschön ist. Es gibt dafür kein anderes Wort. Ich habe dieses Bekenntnis gewagt, weil ich wegen des Unsinns, der in England ständig über dieses Thema geäußert wird, zutiefst beschämt bin. Die Schrecken der Hysterie, Neuralgie und sogar der Schwindsucht werden unseren Schwestern vorausgesagt, wenn sie es wagen, vorgefaßte Meinungen zu mißachten, während andererseits einige Ärzte langsam zugeben, daß sie die extravaganten Behauptungen früherer Tage nicht länger guten Gewissens aufrechterhalten könnten. 'Korsett-Tortur', 'Fischbein-Laster' und 'Korsett-Schraube' sind grausame und schreckliche Dinge, die zu Papier gebracht wurden, aber, übersetzt man sie mit 'coutil' oder Seide, dann erscheinen sie diesen ach so Kompetenten, die da ihre Meinung zum Besten geben, in einem anderen Licht. [GA9] Leute, die Korsetts von der Stange kaufen, berichten über Unbequemlichkeiten im Tragen und über Unwohlsein, das ist auch zweifelsohne wahr, aber das alles ist völlig unnötig. Wenn auch das Taillenmaß stimmt, so ist doch die Weite Brustkorb, wo unkorrekte Konstriktion natürlich Schäden verursachen kann, meist dem Zufall überlassen. Wenn nun die Trägerin leidet, wer außer ihr selbst hat die Schuld daran?

Es wird von fast allen Briefschreiberinnen bestätigt, daß Damen das alles selbst in der Hand haben, sie sollten nur maßangefertigte Korsetts tragen, ich kann dem nur zustimmen und möchte weiter nichts dazu sagen; aber ich möchte festhalten und bestehe darauf, daß, wenn das Korsett im Brustraum genügend Raum läßt, die Taille so eng geschnürt werden kann wie die Trägerin wünscht ohne daß sie Angst vor Schäden haben muß; und weiterhin, daß die Damen, welche sich eng schnüren und ich samt den Mitschülern, die wir gegen unseren Willen 'bekehrt' wurden, die einzige berechtigte Jury sind, die zuverlässig über dieses Thema berichten können, und daß die bequeme Stütze und der Genuß eines gut geschnürten Korsetts die theoretischen Schäden, die von Außenstehenden so zuversichtlich vorausgesagt werden, bei weitem überwiegt. (WALTER)

Es ist nun üblich geworden, daß man Knaben aus England auf den Kontinent schickt, um ihre Erziehung zu vervollkommnen, viele kehren zurück als junge Männer, die ein Korsett tragen, es besteht in der Tat kein Zweifel daran, daß die heranwachsende Generation der Gentlemen regen Gebrauch von diesem Kleidungsstück macht; wir haben unsere Informationen von einem der führenden Korsettschneider Englands, er sagt, daß es überhaupt nicht unüblich sei, daß er Aufträge von Männern bekomme, nicht etwa zur Fertigung von Gürteln, wie man sie beim Reiten benutzt, sondern für richtige Korsetts, mit stabilen Stäben aus Stahl und mit Schnürvorrichtung am Rücken, wie üblich --- nicht, wie uns der Korsettschneider versichert, aus Eitelkeit seitens der Träger (sie tragen sogar Kleidung, die nicht erkennen läßt, daß sich darunter ein Korsett verbirgt), sondern weil man sich schlicht und einfach an das Eng-Schnüren gewöhnt hat und davon begeistert ist. Nun ist es offensichtlich, daß die Angehörigen des schönen Geschlechtes nicht die einzigen Korsettträger sind.

[GA10] Im Jahre 1824 verlangte die Mode, daß die Figur sich unter dem Kleid abzeichnen sollte, wie man auch auf den folgenden Illustrationen sehen kann. Die Röcke waren unterhalb der Taille schmal geschnitten, das führte zur Benutzung sehr enger Korsetts, damit in der Gesamterscheinung der Figur ein Kontrast zustande kam. Dieser Kleiderstil beherrschte die Mode einige Jahre lang, mit kleinen Modifikationen. 1827 hatten sich die Kleider nur wenig verändert, wie auch auf der folgenden Illustration zu sehen ist; aber die nächsten drei Jahre (ungefähr) bewirkten eine beträchtliche Veränderung, so daß wir 1830 wieder weite Ärmel, dazu passende Hüte, kurze Röcke und lange, schmale Taillen als neueste Mode betrachten. Wenige Jahre später waren die Röcke wieder länger und die aufgebauschten Ärmel abgelegt. Die Taille nahm ihre natürliche Position ein und wurde vorteilhaft zur Schau gestellt, indem man unterhalb viel Stoff drapierte, wie auf der Abbildung zu sehen ist. Der Ausdruck 'Reifrock' ist keineswegs neu, vor langer Zeit waren die Petticoats (mit denen uns die Mode der vergangenen Jahre so vertraut gemacht hat) aus Roßhaar unter diesem Namen bekannt, man benutzte sie sehr gerne, um Röcke weiter erscheinen zu lassen. Es ist hier nicht unsere Absicht, die über die Jahre hinweg schier unzählig gewordenen Erscheinungsformen dieses Anhängsels der Damengarderobe zu beschreiben. Es ist schwierig, festzustellen, ob die Idee dafür ursprünglich von gewissen wilden Stämmen entliehen wurde. Als die frühen Seefahrer die Südseeinseln entdeckten, fanden sie bei den Eingeborenen etwas, das sie unverkennbar als eine Art Reifrock bezeichneten (diese außergewöhnliche Abbildung zeigt eine eingeborene Schöne). Es gibt keinen Zweifel daran, daß die Eingeborenen mit dem Reifrock das Gleiche erreichen wollten wie die Europäer, wenn sie die Kleider auch etwas anders herstellten und zurechtmachten. Madame La Sante sagt über dieses Thema:

Jeder wird zugeben, daß die ausladenden Röcke eines Kleides, die direkt unter der Taille ansetzen, dazu beitragen, die Taille schmal und schlank erscheinen zu lassen. Es steht deshalb zu hoffen, daß jetzt, wo die Reifröcke nicht mehr so absurde Dimensionen haben, sie noch lange modern sein werden.

[GA11] Dieselbe Autorin schreibt über die aktuelle Vorliebe für schmale Taillen:

Wir haben gesehen, daß eine schlanke Figur über hunderte von Jahren als attraktivstes weibliches Merkmal betrachtet wurde. Es gibt keinen Anhaltspunkt, der uns vermuten ließe, daß diese Vorliebe, die in der menschlichen Natur verankert zu sein scheint, jemals aus den Köpfen derer, die für die jungen Menschen verantwortlich sind, verschwinden wird. Man wird den nachfolgenden Generationen den Erwerb einer schmalen Taille immer als erstrebenswertes Ziel zu vermitteln suchen.

Seit einigen Jahren wächst die Sorge um die Erreichung einer schlanken Taille und viele Mittel, die in früheren Tagen zur Reduzierung der Taille zu überragender Schlankheit angewandt wurden, sind, wie wir sehen werden, voll im Einsatz. Eine sehr spärliche Ernährung war, wie wir bereits sahen, eine große Hilfe beim Einsatz des Korsetts. Es gibt da eine sehr wunderliche Erzählung in Traditions of Edinburgh, die sich mit dieser Form der Diät beschäftigt:

Eine ältere modische Dame, die im frühen 18. Jahrhundert in Schottland lebte, war darum bemüht, die Figuren ihrer Töchter zu formen. Karge Mahlzeiten und enge Korsetts, welche Tag und Nacht getragen werden mußten, waren einige der eingesetzten Mittel. Aber es wird von einer schlauen und unmoralischen Köchin berichtet, der es nur um die Annehmlichkeiten des Appetits ging. Sie schlich sich nachts leise in die Kammer, in welcher die jungen Damen schliefen, schnürte ihre Korsetts auf, und ließ sie herzhaft von den strikt verbotenen Leckerbissen der Vorratskammer essen. Durch Straflosigkeit unbesonnen geworden, wollte sie eines nachts das Verbot mit gebratener Gans brechen. Doch drei Umstände verhinderten das waghalsige Unternehmen. Erstens war der Geruch der gebratenen Gans recht durchdringend, zweitens war die alte Dame unglücklicherweise wach und drittens, was am schlimmsten war, hatte sie an diesem Abend keinen Schnupftabak genommen und roch daher die Gans. Die Szene, die der Beschlagnahmung des unerlaubten Mahles folgte, kann sich der Leser sicher vorstellen.
[GA1]Die weiter oben schon erwähnte Methode, das Korsett nachts ebenso wie tagsüber zu tragen, wird, obgleich teilweise für einige Zeit nicht betrieben, wieder allgemein angewendet. Zu Beginn des 18. Jahrhunderts wurde diese Gewohnheit in Frankreich sehr befürwortet und angewandt. Es wird gesagt, daß diese Methode die Figur schneller reduziert und formt als jedes System der Schnürung, welches nur tagsüber angewandt wird. Ein französischer Autor sagt:
Viele Mütter, die ein Auge auf die Chancen ihrer Töchter in der Zukunft haben, verdammen diese, sei es aus übertriebenem Eifer oder aus einer seltsamen Furcht, dazu, ihre Korsetts Tag und Nacht zu tragen, damit nicht die Unterbrechung ihrer Anwendung verhindert, daß ihre Töchter eine schöne Taille bekommen.
Diese Damen waren sich der potentiellen Auswirkungen dieser Praxis voll bewußt, wie der folgende Brief aus EDM zeigt:
Wie einige Ihrer Briefschreiber anmerkten, kann nur die persönliche Erfahrung derer, die einige Jahre lang enge Korsetts getragen haben, eine klare und gerechte Bewertung ihres Gebrauchs ermöglichen. Da ich, wie sie mir sicher zugestehen werden, eine ungewöhnliche Erfahrung mit dem tight-lacing habe, glaube ich, daß Sie mir erlauben werden, die Geschichte meiner Kindheit zu erzählen.

Da meine Eltern in Indien waren, konnte ich mein 14. Lebensjahr erreichen, bevor auf meine Figur geachtet wurde. Aber ihre Rückkehr nach Hause bewahrte mich glücklicherweise davor, ein plumpes, unelegantes Mädchen zu werden. Meine Mutter war von meinem Anblick so entsetzt, daß sie den ungewöhnlichen Plan faßte, mich in meinem Korsett schlafen zu lassen. Die ersten Wochen fühlte ich mich zeitweise ziemlich unwohl, zum größten Teil deshalb, weil ich vorher noch nie ein Korsett getragen hatte, aber zum Teil auch wegen der extremen Enge und Steifigkeit des Korsetts. Und obgleich ich das Korsett nie bis kurz vor dem Schlafengehen lockern durfte, störte es meinen Schlaf nicht im geringsten oder wirkte sich sonstwie ungünstig aus. Ich möchte erwähnen, daß meine Mutter, die meinte daß ich in meinem Alter Schwierigkeiten damit haben würde, eine präsentable Figur zu erreichen, normale Korsetts für unzureichend hielt und daher in meine Korsetts zusätzlich Fischbein einarbeiten und auch Schulterträger anbringen ließ, womit meine Angewohnheit, mich schlecht zu halten, kuriert werden sollte. [GA2]Die Schnürung des Korsetts, welches keinen Vorderverschluß und eine sehr steife Korsettstange hatte, wurde hinten durch einen festen Knoten gesichert, welcher verhinderte, daß ich selbst es lockern konnte.

Obgleich ich letztens von der erfolgreichen Anwendung dieser Methode las, glaube ich, daß mein Fall trotzdem interessant ist, da ich mich ohne den geringsten gesundheitlichen Schaden diesem System unterworfen habe. Das zeigt auch, daß das viel weniger strenge Schnürungssystem, welches normalerweise angewandt wird, noch viel weniger ungesund sein kann. Ich bin sicher, daß Sie mir und Ihren zahlreichen anderen Leserinnen den Gefallen tun werden, diesen Brief in Ihrem so unterhaltsamen und wertvollen Magazin abzudrucken. Ich bin erfreut, daß sich Freunde des Korsetts so eifrig an der 'Englishwoman's Conversazione' beteiligen. Was am dringendsten gebraucht wird, sind die persönlichen Erfahrungen von Damen, nicht so sehr theoretische Abhandlungen über tight-lacing wie die von Brisbane, die es selbst niemals probiert hat. (Mignonette)
Ein weiterer Leserbrief (die Schreiberin nennt sich Débutante) von 1867:
Mignonettes Fall ist nicht ungewöhnlich. Einer Bekannten, die gerade ihre Ausbildung an der West-End-School, wo das angesprochene Schnürungssystem streng angewendet wird, abgeschlossen hat, erging es wie folgt: Als sie mit dreizehn Jahren als Schülerin eintrat, war sie sehr schlank. Bei ihrer Ankunft wurde ihr ein Korsett angepaßt, welches zusammengeschnürt werden konnte, ohne die von Mignonette berichtete extreme Enge hervorzurufen. Die Korsetts hatten keinen Vorderverschluß und wurden von der Aufseherin so befestigt, daß jeder Versuch, sie nachts aufzuschnüren, sofort am Morgen bei der Inspektion entdeckt worden wäre. Nach der ersten oder zweiten Woche fühlte sie keine Unbehaglichkeit oder Schmerzen mehr, obgleich, da sie ja noch wuchs, ihr Korsett relativ enger wurde, aber da ihrer Figur nie erlaubt wurde, sich während der neun oder zehn Stunden des Schlafs auszudehnen, wie es normalerweise der Fall ist, war dies fast unmerklich.
Madame La Sante sagt ebenfalls, daß diese Gewohnheit üblicher ist als angenommen. [GA3]Sie berichtet:
Mehrere Fälle dieses Systems in privaten Familien sind mir letztens bekannt geworden und ich kenne mehr als eine moderne Schule in der Nähe von London, wo dieses System zur Regel gemacht wurde. Eine solche Methode entspringt zweifellos einem Pflichtbewußtsein, und die Mädchen, die dieser Disziplin unterworfen waren, und mit denen ich mich kürzlich unterhielt, sagen, daß während der ersten Monate das Unbehagen durch die fortgesetzte Einengung sehr stark war, sie aber nach einiger Zeit so daran gewöhnt waren, daß sie die Praxis nicht aufgeben wollten.
In den USA besitzen die Damen oft sehr schlanke und elegante Figuren, und eine Taille, die schmaler als gewöhnlich ist, wird oft mit dem Wort Illusion beschrieben. In vielen Fällen ist die oben erwähnte Praxis dafür verantwortlich. Viele Ärzte sind gegen das Korsett, und zwar mit erstaunlichen Argumenten. Wie wir bereits gesehen habe, verdammten frühere Autoren fast jedes Kleidungsstück, das attraktiver oder anziehender machen sollte. Korsetts wurden ganz besonders schlecht gemacht, aber die Eigenschaften, die man ihnen nachsagte, waren lange nicht so schlimm wie sie dargestellt wurden, die zivilisierte Welt wäre sonst heute ziemlich unterrepräsentiert. Ein Autor, der von anderen als talentiert bezeichnet wird, behauptet, das Korsett sei die Ursache folgender Krankheiten und Gebrechen: Keuchhusten, schräge Sicht, Polypen, Schlaganfall, verstopfte Nase, Augenschmerzen und Ohrenschmerzen. Wir sind überrascht, daß große Ohren und Holzbeine nicht auch noch hinzugefügt wurden, das wäre ebenso einsichtig. Moderne Ärzte beginnen, das Korsett in einem anderen Licht zu sehen, [GA4]wie der folgende Brief eines erfahrenen Chirurgen zeigt:
Meine Aufmerksamkeit wurde auf die interessante und wichtige Diskussion über Korsetts in Ihrem Magazin gelenkt, und ich wurde als Mediziner um meine Meinung gebeten. Ich vertraue darauf, daß Sie es mir unter diesen Umständen gestatten werden, einmal an Ihrer 'Englishwoman's Conversazione' teilzunehmen, da doch Ärzte als Korsettgegner betrachtet werden. Es ist zweifellos wahr, daß die Mediziner, die ihren Beruf vor 30 oder 40 Jahren gelernt haben (d.h. ca. 1830), diesem eleganten Artikel weiblicher Bekleidung sehr voreingenommen gegenüber stehen, da sich die Korsetts von damals doch sehr von den heutigen unterscheiden. Auch die medizinischen Bücher, die sie studierten, wurden vor Jahren geschrieben, und sprechen sich gegen die Eisen- und Buckramkorsetts des 18. Jahrhunderts aus. Der Ausdruck 'Korsett' wird jedenfalls heute noch gebraucht und ruft in den Köpfen der Ärzte der alten Schule die gleichen Haßgefühle hervor wie damals.

Doch die heranwachsende Generation von Medizinern ist frei von solchen Vorurteilen und bewertet die leichten und eleganten Korsetts von heute so, wie sie es verdienen. Kurz gesagt, es wird heute allgemein angenommen (und ich stimme dem voll und ganz zu), daß die mäßige Kompression der Taille durch gut gemachte Korsetts weit davon entfernt ist, schädlich zu sein. Es ist wirklich sehr unlogisch, daß die Gegner des Korsetts immer noch die Autoren des 18. Jahrhunderts (z.B. die kritischen Äußerungen Soemmerings) zitieren. Wie auch immer, wir wollen hauptsächlich die Fakten betrachten, wie sie im Moment sind; Statistiken zeigen, daß es im Vereinigten Königreich mehr Frauen gibt als Männer, und zwar einige tausend mehr. Einem Bericht des Registrar General's Report von vor einigen Jahren zufolge erhöht das Tragen eines Korsetts das Risiko der Schwindsucht und somit die Sterberate, aber diese Möchtegern-Wohltäter des schönen Geschlechtes unterschlagen dabei die Zahl der an dieser Krankheit gestorbenen Männer. Wenn die Zahl der an Schwindsucht gestorbenen Frauen überwiegt, so ist der Grund dafür, ohne dem Korsett die Schuld zuzuweisen, einfach zu finden: die leichte Kleidung, die dünnen Schuhe und die meist sitzende Tätigkeit in geschlossenen Räumen. [GA5]Dr. Walshe bemerkt in seinem wohlbekannten Werk über Lungenkrankheiten, daß Korsetts keine Schwindsucht hervorrufen. Im Blick auf die Verkrümmung des Rückgrates, eine Krankheit, die von vielen mit dem Tragen eines Korsetts in Verbindung gebracht wird, sagt ein bekannter französischer Arzt: Korsetts sind nicht verantwortlich für die Verkrümmung des Rückgrates.

Laßt uns nicht länger den Unsinn über die schrecklichen Folgen des Korsetttragen anhören, jedenfalls so lange nicht, bis die Damen zu den Buckram- und Eisenkorsetts ihrer Großmütter zurückkehren. Ihren schönen Leserinnen möge versichert sein, daß alles, was gegen Korsetts gesagt wird nur ein Echo der Vorurteile der Vergangenheit ist, und daß die Argumente auf die heutigen leichten und eleganten Korsetts von ausgebildeten Korsettschneiderinnen nicht angewendet werden können. Als Mediziner (keiner von der alten Schule) fühle ich mich voll gerechtfertigt, wenn ich sage, daß Damen, die mit einer mäßigen Anwendung des Korsetts zufrieden sind, ihre schlanke Taille, diesen elegantesten der weiblichen Reize, ohne Beeinträchtigung der Gesundheit beibehalten können. (Medicus).
Man trifft in der Öffentlichkeit viele Frauen, die ihre Taillen durch die systematische Anwendung des Korsetts auf den modischen Standard reduziert haben. Die große Mehrheit erklärt, daß sie gesundheitlich in keinster Weise unter der Behandlung, der sie sich unterwerfen mußten, gelitten haben. Als Beispiel hier ein Brief von Queen vom 18.7.1863:
Madam,-- Als langjährige und treue Leserin Ihres Lady's Journal wage ich Sie zu fragen, ob Sie oder einer Ihrer wertgeschätzten Briefschreiber, mir mitteilen können, ob es wahr ist, daß schmale Taillen wieder in Mode kommen? Mir ist klar, daß man eigentlich gar nicht sagen kann, daß sie aus der Mode gekommen sind, da man oft sehr schlanke Figuren sieht, aber ich glaube, in der letzten Zeit wird weniger darüber nachgedacht als früher. Ich habe jedenfalls aus verschiedenen Quellen erfahren, daß sie wieder LaMode sein sollen. Nun besitze ich glücklicherweise eine Figur, welche hoffentlich die Anforderungen der Mode in dieser Beziehung erfüllt.

[GA6]Welches ist die schmalste Taille, die man haben kann? Mein Taillenumfang ist 42 cm, welcher, wie ich hörte, als klein betrachtet wird. Was gegen das Korsett gesagt wird, glaube ich nicht, obgleich ich zugebe, daß eine zu plötzliche Reduzierung der Taille ungesund sein kann, wenn ein Mädchen kränklich ist oder eine sehr zarte Konstitution hat. Ich kann sagen, daß ich mich mit meiner Taille, welche, wie ich glaube, schmal ist, guter Gesundheit erfreue. Wenn alles, was gegen das Korsett gesagt wird, wahr ist, warum erreichen dann so viele Frauen ein hohes Alter? Eine meiner Freundinnen ist kürzlich im Alter von 68 Jahren gestorben. Sie erzählte mir oft, daß sie in jungen Jahren entsetzlich eng geschnürt wurde und mit 17 eine Taille von 38 cm hatte. Trotzdem wurde sie 68 Jahre alt. Ich weiß, daß es allgemein üblich ist, in populären Magazinen Beispiele von Medizinern (die meiner Meinung nach in diesem Fall nicht die besten Richter sind) gegen das Korsett und die, wenn richtig durchgeführte, harmlose Anwendung des Korsetts zur Erzielung einer grazilen, schlanken Figur anzuführen, so daß ich kaum erwarten kann, daß Sie Position dafür ergreifen. Aber ich bitte Sie, so nett zu sein und mir den Stand der Mode bezüglich Länge und Umfang der Taille mitzuteilen, und ob meine Taille als schmal angesehen werden kann. Ebenso wüßte ich gerne, wie schmal die schmalste bekannte Taille bei modischen Damen ist. Wenn Sie das in einer Ihrer nächsten Ausgaben mitteilten, wäre Ihnen sehr verbunden ( Constance).
Auf diesen Brief folgte am 25sten desselben Monats ein weiterer von einer anderen Briefschreiberin zu demselben Thema. Hierin werden die in dem vorhergehenden Brief beschriebenen Ansichten bestätigt und gleichzeitig die in den Schulen Frankreichs übliche Methode beschrieben:
Madam, -- Als treue Leserin Ihres hochinteressanten und wertvollen Magazines wage ich es, auf den Brief von Constance, der in der Ausgabe der letzten Woche erschien, zu antworten. Ich antworte auf ihre erste Frage: [GA7]meiner Meinung nach werden schmale, lange Taillen binnen kurzem wieder modern sein. Modische Damen, die nicht in der glücklichen Lage sind, solch eine beneidenswerte und elegante Figur zu haben, werden besonderen Wert darauf legen, ihre Taille durch vorteilhafte Anordnung der Kleidung schmaler erscheinen zu lassen. Eine Taille von 42 cm wäre meiner Meinung nach bei einer Dame von durchschnittlicher Größe und Statur schmal genug, um sogar den exaktesten und strengsten Modeanhänger zufriedenzustellen.

Die Frage, wie schmal eine Taille sein kann, ist ziemlich schwer zu beantworten, ich weiß von keinem Standard, der je festgelegt wurde. Eine Befragung modischer Korsettschneider bezüglich der schmalsten gefertigten Stücke würde in diesem Fall weiterhelfen. Viele der Korsetts, die während unserer letzten großen Gesellschaft getragen wurden, hatten etwa die Taillenweite der Leserbriefschreiberin, einige wenige sogar eine noch kleinere. Ich möchte von ganzem Herzen die Wahrheit von Constances Aussage bekräftigen, es stimmt, daß es absurd und völlig übertrieben ist, wenn Menschen (die noch dazu keine persönlichen Erfahrungen gesammelt haben) behaupten, daß das Tragen eines Korsetts fatale Folgen für die Gesundheit und die weibliche Statur hätte.

Meine eigene und die Erfahrung vieler anderer führt mich zu einem völlig anderen Ergebnis, und ich glaube fest, daß, außer bei unheilbar Kranken oder Menschen von zu zartem Körperbau, ein gut gemachtes und individuell der Figur angepaßtes Korsett nicht gesundheitsschädlicher ist als ein Paar enger Handschuhe. Bis zum Alter von 15 Jahren besuchte ich eine Schule in der Provinz, konnte quasi tun und lassen, was ich wollte und mein Körper wurde gedrungen, aber es war mir gleichgültig und ich kümmerte mich nicht um meine äußere Erscheinung, um Kleidung, Benehmen oder was sonst noch dazugehört. Familiäre Umstände führten dann dazu, daß meine Familie beschloß, meiner Erziehung auf dem Kontinent den letzten Schliff angedeihen zu lassen. Wir nutzten die von einigen Freunden angebotene Reisebegleitung, und ich wurde mit wohlgefüllten Koffern und vielen guten Ratschlägen fortgeschickt. In den Außenbezirken von Paris wurde ich zusammen mit anderen jungen Damen in einer hochfeinen, modernen Umgebung untergebracht. Am Morgen nach meiner Ankunft wurde ich vom Klang eines Morgengonges geweckt. [GA8]Ich war gerade bei einer eiligen, keineswegs umfangreichen Morgentoilette, als eine Hauslehrerin in Begleitung einer forschen, gepflegten kleinen Frau, die einen langen Pappkarton trug, erschien. Verschiedene Korsetts sowie erschreckend lange Seidenschnüre wurden hervorgeholt und schon nach kurzer Zeit begannen meine Erfahrungen mit der Kunst und den Geheimnissen des Eng-Schnürens. Alle meine Kleider wurden mitgenommen, sie sollten tailliert werden und im Schnitt verändert werden; an diesem Tag wurde mir ein Kleid geliehen, und von dieser Stunde an wurde ich wie alle anderen einem strikten und strengen Schnürsystem unterworfen. Die Disziplin wurde keinesfalls gelockert, keine Ausrede galt.

Während der Zeit (fast drei Jahre), die ich dort als Schülerin verbrachte, erfreute ich mich, wie auch alle meine 'gefangenen' Mitschülerinnen, exzellenter Gesundheit, und als ich meine Abreise vorbereitete, hatte ich mich von einem plumpen Mädchen zu einer schönen jungen Dame entwickelt, meine Taille maß genau 7 Zoll (18cm) weniger als bei meiner Ankunft. Von Paris aus fuhr ich direkt zu meinen Verwandten auf Mauritius. Als ich auf dieser Insel ankam, stellte ich fest, daß die 'Königin Korsett' dort eine rücksichtslose, unumstößliche Herrschaft angetreten hatte, ohne jedoch, soweit ich das beurteilen konnte, die Gesundheit oder die Lebhaftigkeit ihrer äußerst attraktiven, hübschen 'Untertanen' in irgendeiner Weise zu beeinträchtigen. Bevor ich nun zum Ende dieses Themas komme, möchte ich die Gelegenheit nutzen und ein paar Worte zum vorne verschließbaren Korsett verlieren. Nach einem ernsthaften Versuch habe ich es nun nicht mehr in Gebrauch; es ist bis auf den zweifelhaften Vorteil, daß man es ein wenig schneller an- und ausziehen kann, mangelhaft und schlichtweg eine Fehlkonstruktion. Es ist vorne offen und hat nur wenige Verschlüsse, so daß die so überaus wichtige Kompaktheit und Stabilität des Ganzen verloren ist, während die normale Korsettstange aus Stahl diese Bedingungen gewährleistet, wenn das übrige Material, aus dem das Korsett gefertigt ist, auch diesen Zwecken dient. Die langen, doppelt gewobenen Schnüre, die man benutzt, sind lange nicht so schön, sicher und haltbar wie flach geflochtene Seidenschnüre guter Qualität. [GA9]Hoffend, daß diese Anmerkungen und Antworten Constance genügen, verabschiede ich mich, ( Fanny).
Eine andere Dame schreibt im August an Queen zu demselben Thema. Ihr Taillenumfang beträgt, wie wir im folgenden Brief lesen werden, weniger als 16 Zoll (40,5 cm) und sie berichtet, daß sie trotzdem bei guter Gesundheit ist:
Liebe Madam,-- Mit großem Interesse habe ich die Briefe von Constance und Fanny über schmale Taillen gelesen. Unter Ärzten ist es so weit verbreitet, das Eng-Schnüren schlechtzumachen, daß nur kühne und furchtlose Befürworter es wagen, das Eng-Schnüren weiterhin zu praktizieren. Es war bei den Frauen immer in Mode und, ich behaupte, daß es, so lange man eine elegante Figur schätzt, auch modern bleiben wird, denn das Tragen eines Korsetts macht die Figur so geschmeidig und schlank wie sie von Natur aus niemals sein kann und sobald man kein Korsett mehr trägt oder es lockert, wird der Körper gedrungen und schlaff. Das Kleid paßt über einem eng geschnürten Korsett besser und die weiten, kunstvoll gefältelten Röcke kommen bei einer schmalen Taille weit besser zur Geltung. Mein Taillenumfang liegt unter 16 Zoll (40,5 cm). Ich erfreute mich immer guter Gesundheit. Warum sollten wir dieses Mittel zur Verbesserung unserer äußeren Erscheinung und zur Erreichung einer eleganten und geschmeidigen Figur nicht anwenden, wo doch das Eng-Schnüren sich auf die Körper derer, die es praktizieren, nicht nachteilig auswirkt?

Ich stimme mit Fanny überein, was das vorne verschließbare Korsett betrifft. Ich kann es nicht ausstehen. Die Figur kann niemals so schön schmal sein wie in einem normalen, gut geschnürten Korsett. Darf ich fragen, was aus der Briefschreiberin Mary Blackbraid geworden ist? Ihre Vorliebe für Handschuhe und Perücken veranlaßte zahlreiche Leser zu harter Kritik. In der Handschuhfrage stimme ich ihr zu, ich trage sie auch im Haus so oft wie möglich. Meiner Meinung nach halten sie die Hände angenehm kühl, und es gibt nichts, was das Erscheinungsbild besser vervollkommnen würde als ein Paar schöner Handschuhe. Dort, wo ich im Moment bin, tragen die Damen stets Handschuhe, und mir kam zu Ohren, daß die Herren diese Angewohnheit sehr schätzen. [GA10]Einige Jahre lang trug ich sie sogar währen des Schlafes und fand es nie irgendwie unbequem oder hinderlich. Verzeihen Sie, daß ich so viel Ihres Platzes in Anspruch nehme, aber ihr interessantes Magazin ist das einzige, welches offen ist für unsere Verteidigung gegen die strenge Kritik einiger übergenauer Menschen. (Eliza).
Der folgende Brief aus Queen enthält einiges zu diesem Thema und ist somit zweifelsohne von für unsere Leser von großem Interesse:
Madam,-- Ich bin sicher, daß Ihre zahlreichen Leser Ihnen sehr dankbar sind dafür, daß Sie freundlicherweise so unparteiisch die Briefe abdrucken, welche Fragen des Korsetts behandeln. Da diese Fragen von großer Wichtigkeit sind und da es hierüber offensichtlich viele Meinungsverschiedenheiten gibt, hoffe ich, daß Sie uns auch weiterhin die Anmerkungen der Briefschreiber nicht vorenthalten werden.

Als ich den mir sehr gelegen kommenden Brief von Constance und Fannys Antwort darauf las, bereitete ich mich darauf vor, in der folgenden Ausgabe einige Briefe empörter Gegner dieser aufkommenden Mode zu lesen; aber ich denke, daß Constance, Fanny und auch Eliza sich ob der bedrohlichen Gegnerschaft nicht entmutigen lassen sollten. Weiterhin möchte ich Sie darum bitten, mir ein paar Zeilen in Ihrem werten Magazin zu Verfügung zu stellen, damit ich die Argumente der Korsettgegner widerlegen kann. So gerne ich, wie alle Ihre Leser, die Artikel von Mr. Frank Buckland lese, so wenig kann ich seiner Ansicht in der Korsettfrage zustimmen. Erstens muß ich in diesem Punkt wirklich seine Autorität in Frage stellen, denn ich bin überzeugt davon, daß nur die, welche die komfortable Stütze eines gut gemachten Korsetts am eigenen Leib erfahren haben, berechtigt sind, ihre Meinung zu veröffentlichen. Was kann Mr. Buckland oder irgend ein anderer des nicht korsetttragenden Geschlechtes, schon vom praktischen Umgang mit diesem in jeder Damengarderobe unentbehrlichen Artikel wissen? Ich werde nicht den anstrengenden Versuch unternehmen, alles zu widerlegen, was Mr. Combe und seine Berufskollegen gegen das Eng-Schnüren geschrieben haben; [GA11]ich bin sogar bereit, zuzugeben, daß es Personen mit einem ungünstigen Körperbau schaden könnte, wenn man ihnen durch ein Korsett elegante Schlankheit verleihen wollte; aber solche Personen sind Ausnahmefälle, nicht die Regel. Die Behauptungen dieser geistigen Größen basieren hauptsächlich auf Theorien und werden gelegentlich belegt von Fällen, die man genausogut auf andere Gründe zurückführen könnte. Wer weiß nicht, daß die Praxis oft Grundlage für Theorien darstellt, oder daß Theorien oft falsch sind?

Schmale Taillen waren mehrere hundert Jahre lang in Mode, und für mein Argument gehe ich nun einmal 30 oder 40 Jahre zurück (d.h. 1830). Niemand dachte damals daran, die absolute Notwendigkeit eines Korsetts zur Erreichung einer schmalen Taille in Frage zu stellen. So lassen Sie mich nun Mr. Buckland und die Briefschreiber fragen: Wenn nun die Theorie, daß Schmerzen und Tod die Folgen des Eng- Schnürens seien, wahr ist, wie kommt es dann, daß heute Millionen gesunder, mittelalter Frauen unter uns leben, und daß, noch dazu, Frauen älter werden als Männer? Mit welchen, an Wunder grenzenden Mitteln, konnten sie weiterleben und sich guter Gesundheit erfreuen, während sich eine so schreckliche Zerstörungsmaschine wie das Korsett an ihnen zu schaffen machte? Wenn alles, was auf theoretischer Basis gegen das Korsett gesagt wird, wahr wäre, dann wären heute nicht einmal mehr tausend Frauen am Leben.

Ich kann es nicht vermeiden, Sie weiterhin zu belästigen, aber ich möchte noch ein wenig mehr in Details gehen. Verkrümmung des Rückgrates, so sagt man, werde durch Korsetttragen hervorgerufen. Aber was für eine Sorte von Korsetts ruft dies hervor, und gibt es dafür keine anderen offensichtlichen Gründe? Ich denke, daß Korsetts, welche so etwas bewirkt haben, auf jeden Fall schlecht gemacht waren oder nicht korrekt geschnürt wurden oder daß die Stange und die ansonsten verwendeten Materialien nicht fest genug waren.

Man muß dazusagen, daß Mädchen zu oft gezwungen sind, in aufrechter Position zu verharren, sei es auf einem Hocker beim Musizieren oder während des Schulunterrichtes. Wenn das Korsett korrekt gemacht ist, so muß die junge Dame sich in ihrem Stuhl zurücklehnen können, ohne Gefahr zu laufen, sich zu sehr gehen zu lassen oder sich zu verletzen. [GA12]Man könnte eine Wirbelsäulenverkrümmung auf diese Überbeanspruchung der Muskeln zurückführen, nicht auf das Korsett, welches bei korrekter Anwendung sogar als Prävention dient. Lassen Sie mich nochmals einen Angehörigen des starken Geschlechts, das, jedenfalls bis heute, keine Korsetts trägt, fragen, ob er niemals unter Herzflattern, Hitzewallungen, Kopfschmerzen oder einer roten Nase litt? Wer nimmt sich das Recht heraus, diese Leiden speziell mit Damen mit schmaler Taille in Verbindung zu bringen?

Die Gefahr, daß sich eine Dame mit engem Korsett so etwas zuzieht, ist nicht größer als bei einem Herren, der einen Hut trägt. Nun mag die alte Dame diese kleinen Dinge in ihren Anekdoten 'vergessen' haben. der Vergleich zwischen der Form eines menschlichen Körpers und der einer Uhr ist in gewisser Weise gerechtfertigt, aber er ist in unserem speziellen Fall unglücklich gewählt. Ein Uhrwerk ist hart und unnachgiebig, es hat kein Leben und keine Wachstumskraft in sich, kann sich nicht veränderten Gegebenheiten anpassen. Wenn man hineindrückt, geht es kaputt und gerät in Unordnung; ganz anders verhält es sich hingegen mit dem geschmeidigen, wachsenden Körper eines jungen Mädchens. Wenn die Organe erst gar nicht die Gelegenheit erhalten, eine bestimmte Form anzunehmen oder in eine bestimmte Richtung zu wachsen, dann passen sie sich den jeweiligen Gegebenheiten mit Leichtigkeit an. Nichts geht kaputt, bricht auseinander oder wird in seiner Leistung beeinträchtigt. Ich gebe natürlich zu, daß bei einer erwachsenen Frau, die ihre Taille plötzlich und schnell verschmälert, die Atmung und die Verdauung zum Stillstand kommen; aber es ist selten (wenn es überhaupt vorkommt), daß eine Dame zur Reife gelangt, ohne sich genügende Kenntnisse über Eleganz und Liebreiz verinnerlicht zu haben, die sie dann dazu veranlassen, der kommenden Mode entgegenzukommen, indem sie ihre Taille verschmälert.

Glücklich hingegen sind all diejenigen zu nennen, welche mit einer Mutter gesegnet sind, die weise genug ist, die Figur ihrer Tochter im Hinblick auf deren zukünftiges Wohlergehen zu formen. Diejenigen, die etwas aus der Form geraten sind und plumpe Taillen haben, fühlen sich ständig unwohl, ihre Figur und ihre Taille bereitet ihnen andauernd Probleme, macht sie unglücklich und hindert sie am Vorankommen. Das sollte jeder Mutter eine Warnung sein, und um ihrer Tochter solches zu ersparen, sollte sie sie schon früh an ein Korsett gewöhnen. Noch ein Wort dazu: Verehren Männer eine schmale Taille? Mr. Buckland ist allem Anschein nach so durchdrungen von den Ideen des Mr. Combe gegen das Eng-Schnüren, daß seine Empfindungen beim Anblick einer schmalen Taille weit von Gefühlen der Verehrung entfernt sind. [GA13]Aber ist das ein Grund oder rechtfertigt das den Schluß, daß jeder Herr mit gutem Geschmack dieser Meinung ist? Im Gegenteil, ich denke, es ist nicht die jüngere Generation der Herren (auf die die Aufmerksamkeit der Damen gerichtet ist), die das Korsett schlechtmachen. Ich habe bei Modeversammlungen oft kritisierende Worte von Herren gehört, so wie folgende: ''Was für eine plumpe Figur Miss -- hat! Sie verunstaltet sie vollkommen.'' ''Wie schade, daß Miss -- keine schönere Figur hat!'' und so weiter; ich glaube, daß es unter tausend jungen Männern nicht einen gibt, dem eine schöne schmale Taille nicht gefällt. Welcher junge Mann möchte mit Mädchen tanzen, die Fässern ähnlich sehen? Ich habe ausnahmslos festgestellt, daß die Mädchen mit den schmalsten Taillen die Königinnen der Ballsäle waren.

Ich möchte in diesem Rahmen nicht auf die Diskussion eingehen, ob die verschmälerte Taille schöner ist als die der Venus de Medici; darüber bilde sich jeder seine eigene Meinung. Die Taille der Venus ist schön für die Venus, aber sie wäre es nicht mehr, wenn die Venus Kleider anhätte. Der Vergleich hinkt, weil die Umstände nicht dieselben sind. In diesem Sinne sollten Damen sich nicht unattraktiver machen, indem sie auf Theorien hören, die von der praktischen Erfahrung widerlegt werden. Diese Theorien werden meist von unwissenden Personen, die keine persönlichen Erfahrungen mit der Handhabung und den Auswirkungen eines Korsetts gemacht haben, aufgestellt. Dies geschieht meist auf der Basis von Berichten von Damen und Herren, die später als normal begannen, sich für das Korsett zu interessieren. Ist es nicht natürlich, daß eine junge Dame lieber sylphengleich erscheinen möchte als matronenhaft? Einigen suggeriert der Ausdruck 'Eng-Schnüren' sofort etwas, das sie gerne als 'Tortur', 'Misere' & Co bezeichnen, obwohl sie sich nie die Mühe gemacht haben, genauer nachzuforschen, sondern den einfacheren Weg gewählt haben und alles, was gegen das Korsett gesagt und geschrieben wurde, als Wahrheit akzeptierten. [GA14]Wenn solche Möchtegern-Wohltäter des schönen Geschlechtes von einem plötzlichen Tod hören oder eine blasse Dame auf einem Ball oder im Theater sehen, schreien sie sofort ''zu eng geschnürt!''. Vor kurzem geschah es, daß der Tod einer jungen Dame in einer Zeitung angezeigt wurde, als Grund dafür war 'Eng-Schnüren' angegeben, aber einige Tage später wurde diese Todesursache in derselben Zeitung ausdrücklich widerrufen. Hören wir niemals von Männern, die plötzlich versterben, oder die wegen zu großer Hitze ohnmächtig werden?

Es steht fest, daß schmale Taillen modern sind; ich wandte mich mit dieser Frage an verschiedene moderne Korsettschneider Londons und an andere modebewußte Stellen, um mir darüber Gewißheit zu verschaffen. Aus den gesammelten Informationen ziehe ich die folgenden Schlüsse: daß schmale Taillen eindeutig in Mode sind; daß mehr Korsetts mit Taillenweiten unter 18 Zoll (45,5 cm) bestellt werden als solche mit über 18 Zoll; daß die schmalste noch gewöhnliche Größe 15 Zoll (38 cm) beträgt, obwohl nur wenige eine so schmale Taille haben, die Mehrheit hat etwa 17 (43 cm) oder 18 (45,5 cm) Zoll; daß die Damen jetzt zu erkennen beginnen, daß die vorne verschließbaren Korsetts nicht so gut sind wie die altmodischeren, und deshalb ihre Töchter wieder in gut ausgestattete Korsetts schnüren. Viele verwenden auch Schulterträger für die Korsetts heranwachsender Mädchen, damit der Brustkorb aufrecht bleibt und sie sich nicht so sehr auf die Korsettstange lehnen. Wenn das Korsett nicht zu eng ist, wirken sich die Schulterträger vorteilhaft auf die Figur aus; der obere Teil des Korsetts sollte gerade passen, aber nicht eng sein. Ein Korsett, das nach diesen Prinzipien gemacht ist, wird nicht gesundheitsschädlich sein, außer wenn das Mädchen von Natur aus schwächlich ist, in diesem Fall würde man natürlich überhaupt nicht an das Eng- Schnüren denken.

Ich entschuldige mich für diesen langen Brief, aber ich wollte die von Ihnen gebotene Gelegenheit nutzen und meinen Beitrag zu der Diskussion in diesen wirklich wichtigen Fragen leisten. Ich bleibe Ihnen, Madam, verbunden (Admirer).

Vorwort The Corset and the Crinoline Kapitel 8
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