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Ein Brief von Helen an ihre Schwester (1892)

von Tante Helen an ihre Schwester, die Mutter der Interviewerin S. S.-H., ohne Datum, aber mit Poststempel von 1892, als die Schreiberin 17 gewesen sein muß, Redgrave. Aus David Kunzle: ''Fashion and Fetishism''

Liebste Mooney,

Es dauert nur noch ein Jahr - oder gar ein wenig kürzer, bis ich ausgehen darf! Ich darf dann mit dem Unterricht aufhören, wie wunderbar! Denn, weißt Du, ich interessiere mich viel mehr für junge Männer und dafür, wie ich sie bezaubern kann. Oh ja, ich glaube, daß ich eitel bin. Ich bin auch der Meinung, daß ich mit meiner schmalen Taille eine wirklich gute Figur mache. Während der letzten Ferien hatte Eric aus Harrow einen sehr netten Freund mitgebracht. Eines Tages machten er, Eric und ich einen Spaziergang in Richtung Braiseworth. Eric läuft gerne schnell, und nach einer Zeit sagte er, daß ich zu langsam wäre. John erklärte sich bereit, zu warten und mit mir zu laufen, während Eric schon vorgehen würde. Ich war sehr froh, daß es so kam, denn ich hatte das Gefühl, anziehend auf ihn zu wirken, besonders durch meine aufrechte Haltung! Doch er war zu schüchtern, irgend etwas zu sagen, bis er mir über einen Zauntritt helfen mußte. Dabei spürte er meine Taille und sagte, daß sie so schmal sei! Warum ich sie nicht mehr zeigen würde. Ich erklärte ihm, daß Miss -- (ihre Gouvernante) mir das so lange nicht erlauben würde, bis meine Taille wirklich schmal sei. Ich spürte, daß er sich wirklich dafür interessierte und daß er sehr schmale, eng geschnürte Taillen mochte. Er erzählte mir, daß seine Mutter eine schöne Figur hatte und daß sie anfing, seine zwei jüngeren Schwestern, die 15 und 16 1/2 Jahre alt waren, zu schnüren, aber daß die beiden sich sehr dagegen wehrten, eng geschnürt zu werden. Daraufhin mußte ich ihm natürlich alles über mein Training bei Miss M-- erzählen und sagte auch, daß ich am Ende sogar schmaler als 17 Zoll sein würde. Da sagte er: ''Ich glaube, ich könnte Deine Taille mit meinen Händen umfassen, was meinst Du? '' Ich ließ es ihn probieren, aber es klappte nicht ganz. Aber dann zog er mich an sich und küßte mich!! Es war wunderschön. Ich sagte ihm, daß ich, wenn er wollte, am Abend noch schmaler sein könnte, wenn Miss M-- mich das Korsett tragen lassen würde, das sie mir immer dann anzieht, wenn ich frech zu ihr bin oder sie verärgere. Alles klappte gut und am Abend zog Miss M-- mir das erwähnte Korsett an. Ich kann mich darin kaum bewegen, denn es ist in der Taille nur 16'' weit, hat festere Stangen und breitere Seitenstäbe als mein Alltagskorsett. John konnte seinen Blick nicht von mir abwenden! Als ich ihm erzählte, daß meine Taille jetzt viel schmaler war als am Morgen, sagte er: ''entzückend''. Ich wünschte, er hätte mich anfassen können! Seine Begeisterung entschädigte mich vollkommen für die Schmerzen, die ich gegen Ende des Abends erleiden mußte. John muß es meinem Gesicht angesehen haben, denn als wir am nächsten Tag miteinander sprachen, sagte er, daß er befürchtet hatte, ich würde ohnmächtig werden. Ich bin sicher, daß Eric sehr stolz auf mich ist, obwohl es ihm leid tut, daß ich jetzt nicht Tennis spielen kann.

Während eines Aufenthaltes bei den P'--s in London nahm Miss M-- mich mit zu Madame Dowding. Sie sollte mir ein Alltagskorsett anfertigen, ein Zoll schmaler als das alte und mit einer längeren Taille. Heute trage ich es zum ersten Mal. Die verlängerte Taille bereitet mir Schmerzen, aber Miss M-- besteht darauf, daß ich es anziehe, um für den bevorstehenden Einführungs-Tanzabend wirklich schön zu sein. Meine Rippen haben in der vergangenen Stunde so weh getan, aber da Miss M-- heute in guter Stimmung ist und es sie freut, daß ich vorher nicht geklagt habe, werde ich nun zu Bett gehen. Liebe Mooney, bitte schreibe mir, wenn Du Zeit dazu findest.

Deine Dich liebende Schwester Helen


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